Claudie Linke ist 1979 in Tübingen, Deutschland geboren und verbringt momentan die meiste Zeit auf Bali, Indonesien oder in Beatenberg, Schweiz. In diesem Interview verrät die Künstlerin, dass sie dank einem kuriosen Auftrag auf NFT aufmerksam wurde und welche (noch geheimen) Projekte anstehen.
Du bist Illustratorin und Künstlerin. An was arbeitest du gerade?
An unterschiedlichsten Projekten. Im Rahmen meiner Arbeit als Illustratorin arbeite ich derzeit an einem Album Cover für einen sehr spannenden Musiker (den Namen darf ich leider noch nicht nennen). Dann zeichne ich verschiedene T-Shirt-Designs für eine deutsch-iranische Journalisten, die bald ein Modelabel gründet (den Namen darf ich auch hier noch nicht sagen). Spannend finde ich auch ein Projekt, wo ich ein großes “Mural” für eine neue Praxis in der Uniklinik Hamburg zeichne.
Auch im Bereich der “freien Kunst” arbeite ich meist an unterschiedlichen Projekten gleichzeitig. Beispielsweise schreibe ich gerade eine Art Drehbuch für meine nächste Animation. Es wird eine Art “animierte Graphic Novel” in 5 Kapiteln. Sobald der Text fertig ist, beginne ich mit dem Storyboarding und den Zeichnungen. Danach setze ich die Bilder in Bewegung. Gleichzeitig arbeite ich auch schon an der Musik. Dann arbeite ich noch am “Plastic Exchange Projekt”: Diese Idee basiert auf einem von Hand gezeichneten Kartenspiel (Bali Poker Cards). Die Spielkarten werden auf Bali verkauft. 100% des Gewinns geht an die Jugendorganisation “Bye Bye Plastic Bags” – einer Initiative von 2 Schwestern. Seitdem ich auch digital Kunst versteigere (NFT), bin ich auf die Idee gekommen, das Projekt zu erweitern: Nun setze ich diese Spielkarten in Bewegung und produziere für jede einen individuellen Soundtrack. 10% vom Profit gehen an die Organisation “The Plastic Exchange”: Seit Covid ist die Armut in Indonesien extrem angestiegen, viele Menschen hier leiden Hunger. Es gibt auch noch das fortwährende Müllproblem auf Bali. Ein Einheimischer hatte daher die geniale Idee ins Leben gerufen, dass man Müll sammeln und gegen Reis tauschen kann. Diese Aktion möchte ich damit unterstützen, denn das Feedback der Bedürftigen ist inspirierend. Sie sagen, diese Arbeit während der Krise verleiht ihnen wieder Würde.
Mit welchen digitalen Tools arbeitest du?
Im Moment zeichne ich fast ausschließlich digital. Ich habe ein Wacom Cintiq Graphik Tablet und zeichne mit Programmen wie Adobe Photoshop und Illustrator. Für die Animation verwende ich After Effects & Character Animator. Gerne experimentiere ich auch mit AI-Programmen wie Ebb Synth. Für die Musik arbeite ich mit Ableton Live.
In deinen Videos werden Geschichten erzählt. Inwiefern ist dir der Inhalt wichtig und die Vermittlung der Story?
Ich lese gerne, und das verleitet oft zu solche Ideen. Ich finde Storytelling unglaublich faszinierend, da steckt noch so viel mehr drin. Ich habe viele Ideen, die ich noch gar nicht umgesetzt habe. Das möchte ich in den nächsten Jahren erkunden. Durch die Kombination von Bewegtbild und Musik eröffnen sich mir unendliche Möglichkeiten. Ich verstehe oft selbst noch nicht so richtig, wie man das alles nutzen kann. Jeden Tag verstehe ich einen kleinen Aspekt mehr davon (beispielsweise was kann man mit Farben kommunizieren? Wie kann man mit Musik Emotionen entstehen lassen? Welche Rolle spielt Text?), und das macht echt Spass. Außerdem leben wir in einer extrem komplexen Welt, in der viele Dinge aus dem Ruder laufen aktuell. Ich finde es besteht ein Bedarf an Kunst, die verhältnismäßig konkret Missstände aufzeigt. Außerdem gibt es ja tausende positive Entwicklungen derzeit… Mit Hilfe von Storytelling fällt mir es einfacher dieses Potential zu kommunizieren.
Im Video “Arcadia” kommen die Schweizer Berge “Eiger, Mönch und Jungfrau” vor. Wie kommt das?
Genau, gut erkannt! Ich liebe diese Berge. Dazu die Seen, es gibt vermutlich kaum eine Gegend auf der ganzen Welt, die beeindruckender ist. Hier fühle ich mich “zu Hause”. Ich bin eigentlich in Deutschland geboren, wir sind früh umgezogen. Dort habe ich mich als Kind aber nie zu Hause gefühlt, die Mentalität und der Dialekt waren mir oft richtig fremd. Anders in der Schweiz, in Beatenberg, wo mein Großvater 1978 eine Hütte für die Großfamilie gebaut hat. Wir waren fast jedes Wochenende dort, da wir 4 Kinder waren und uns kaum einen Urlaub anderswo leisten konnten. Das war zwar zuweilen ein wenig eintönig, hat dann aber doch eine tiefe Verbundenheit für die Berner Berge geprägt.
Wann hast du das 1. Mal von CryptoArt gehört und von wem?
Im Sommer 2020, mitten in der Pandemie, hatte ich einen recht kuriosen Auftrag: Ich sollte verschiedene Versionen von James Bond Charakteren zeichnen. Dieser Auftraggeber wollte sie dann als NFT unter seinem Namen verkaufen. Ich hatte keine Ahnung was ein NFT ist, wurde aber doch hellhörig. Ich las also alles über das Thema was ich finden konnte und war sofort total begeistert. Unglaublich, wie viel Potential in dieser Idee steckte! Mir war bewusst, dass das die ganze Kunstwelt (und vermutlich noch viel mehr) auf den Kopf stellen würde. Nachdem ich endlich die NFT Idee verstanden hatte, wurde mir bewusst, wie kurios dieser Auftrag war, hahaaa. Ich kündigte also den Auftrag und bewarb mich bei SuperRare.
Und wie ging es weiter? Wann konntest du dein erstes digitales Werk verkaufen? Auf welcher Plattform?
Ich hatte das grosse Glück direkt bei SuperRare aufgenommen zu werden und habe das erste Werk am 02.12.2020 verkauft. Das war ein super Gefühl.
Wer sind deine Collectors? Kennst du deine Käufer*innen?
Ja, die meisten kenne ich bzw. habe ich im “Prozess” kennengelernt. Mein erstes Werk wurde von Colborn Bell und Pablo Frail, vom Museum Of Crypto Art (MOCA) ersteigert. Wir sind in engem Kontakt. Dann hat Trevor Jones, selbst Künstler (und zwar ziemlich erfolgreich) auf viele meiner Werke geboten und Arcadia ersteigert. Wahnsinn auch, wie sehr er mich auf persönlicher Ebene mit Rat und Tat zur Seite steht. Das ist schon was besonderes im Moment! Es gibt immer Collectors, die anonym bleiben möchten. Aber falls die Menschen Interesse zeigen, finde ich es immer super spannend herauszufinden, wer diese Leute sind und was für Geschichten dahinter stehen. Ausserdem haben Zonted Art, Zack von SuperRare, Zenmode, Jason Bailey aka Artnome oder parrott_ism auf meine Werke geboten. Da sind einige echt helle Köpfe in der Szene, die Leidenschaft haben, weit in die Zukunft denken, viel experimentieren und es ist toll, von ihnen zu lernen und sich auszutauschen.
Fast alle Werke von dir auf SuperRare sind verkauft, herzliche Gratulation! Inwiefern beeinflusst dich das für dein zukünftiges Schaffen?
Danke! Um ehrlich zu sein, das ändert alles. Auch wenn ich meine Arbeit als Illustratorin liebe, eröffnet das natürlich nochmal ganz andere Türen. Ich habe gefühlt 1’000 Ideen, was ich nun anstellen könnte. Ich hoffe, ich kann ein paar davon realisieren, das wäre mein größter Traum.
Bist du auch Besitzerin von NFT-Kunst?
Noch nicht! Leider! Ich bin finanziell immer noch ein wenig Krisen gebeutelt, muss also finanziell noch echt vorsichtig sein. Ich habe aber schon ein paar Künstler im Auge, in die ich sehr gerne investieren würde.
Gibt es in Indonesien und Südostasien eine “CryptoArt-Szene”? Wie funktioniert der Austausch und die Vernetzung?
Im Januar gab es die Crypto Art Week Asia, in Singapur & im Metaverse. Das habe ich aber leider verpasst. Ich habe das Gefühl, die Szene bildet sich in diesem Moment. Die Vernetzung erfolgt hauptsächlich über Twitter, oder auch über diverse Gruppen auf Discord und Reddit.
Wie werden sich die NFT-Plattformen und die dort präsentierten digitalen Werke entwickeln?
Es wird noch vielfältiger werden, was die Disziplinen anbelangt. Musik, Photography, Poetry usw., das alles wird seinen Platz finden. Außerdem wird sich herauskristallisieren, ob es Richtung “Masse” (wie bspw die “Open Editions” bei Nifty Gateway) oder “Exklusivität” (“1/1 Single Editions” wie bei SuperRare) geht. Bei den “Open Editions” gibt es möglicherweise eine Blase derzeit, unglaublich was da an Volumen fließt. Aber auch nach einer möglichen Blase, gibt es eine Berechtigung und grosse Nachfrage für beide Konzepte. Bei den Auktionen wird sicherlich weiterhin wild mit diversen Mechanismen experimentiert werden. Außerdem werden wir viele Innovationen und weitere Verbreitung im Bereich Virtual Reality, AI oder AR sehen.
Was sind deine Zukunftspläne?
Auf die Kunst konzentrieren und jeden Tag in allen Disziplinen, in denen ich arbeite dazu lernen.
Welche Tipps und Tricks hast du für Neulinge in Crypto-Art?
Auf keinen Fall wegen dem Geld einsteigen. Statt dessen wegen der Leidenschaft, denn man muss langfristig durchhalten & es ist kein einfaches Spiel. Crypto-Art ist ein Marathon, kein Sprint. Außerdem - langfristige Beziehungen und Netzwerke aufbauen.
Möchtest sonst noch was anmerken?
Auch Leute, die nicht kunstinteressiert sind, sollten sich Crypto-Art anschauen. Denn hier entsteht gerade ein Experimentierraum für alternative Zukunftsszenarien in einer digitalen Welt. Es wird mit neuen Technologien experimentiert. Viele sprechen nicht umsonst von einer digitalen Renaissance, da ist was wahres dran. Außerdem bilden sich schon jetzt neue bzw. eigentlich ja altmodische Werte wie “Gemeinschaft”, “Zusammenarbeit” oder “Karma” ab.