Code als Medium - die NFTs von Leander Herzog verkaufen sich wie "warme Weggli"

Die Titel Creative Developer und Interaction Developer hat Leander Herzog erstmal an den Nagel gehängt, um mehr digitale und generative Kunst zu machen. Im Interview erklärt er, wie er sein Schaffen mit NFTs neu definiert.

Lieber Leander, Deine Website leanderherzog.ch mit der speziellen Navigation ist ein Kunstwerk für sich. Das älteste anklickbare und zu betrachtende animierte Werk ist “Tapete” aus dem Jahr 2007. Wann hast du mit kreativem Schaffen begonnen und wie bist du zum visuellen Künstler geworden?

Danke :) Ich habe 2005 angefangen mit Code als Medium zu arbeiten. Das hat sich im Studium dann intensiviert und ich habe mich immer mehr für generative Kunst interessiert. Anschliessend bin ich zwischen Design, Technologie und Kunst gependelt. In den letzten 10 Jahren habe ich vor allem Webseiten gebaut. Im Moment bin ich wieder mehr an künstlerischen Arbeiten interessiert, die mehr Bild als Applikation sind. Das lässt sich teilweise auch kombinieren, da die Technologie fast die gleiche ist. Es wäre ja irgendwie seltsam, diese Möglichkeiten zu haben, ohne zu versuchen damit Kunst zu machen.


Portal by Leander Herzog - https://objkt.com/asset/hicetnunc/321660

Was ist dir als visueller Künstler besonders wichtig? Die Farben, die Formen, die Animation oder die perfekte Kombination all dieser Elemente? 

Mich interessiert besonders die Komplexität, die aus einfachen Regeln und Prinzipien entstehen kann. Der Kontrast von einfachen Inputs und komplexen Outputs, multipliziert mit den Möglichkeiten des Mediums. Neben Farben und Formen ist Bewegung in den letzten Jahren auch immer dringender geworden, vor allem durch die Möglichkeiten und Erwartungen die mit digitalen und soziale Medien aufkommen. Alles gleichzeitig richtig zu machen ist natürlich eher schwierig. Fast jede Idee beginnt mit Form. Aber es gibt später im Prozess einen Moment, wo ich versuche ein Werk bzgl. Farben, Formen und Animation zu reflektieren und vielleicht auch weiterzuentwickeln. Manchmal bleibt ein Entwurf auch länger liegen und schafft es erst mit etwas Abstand durch eine weitere Iteration.

 

Wie entstehen deine Werke? Kreierst du zuerst ein Bild oder codierst du zuerst? Welche Rolle spielt der Zufall? 

Am Anfang steht meist eine Idee. Kein konkretes Bild, nur eine ganz grobe Inspiration. Skizzen auf Papier gibt es kaum, ich arbeite direkt mit Code. Dieser ist erstmal ein Entwurf und wird dann optimiert, um ästhetisch interessant zu sein, aber auch um gut zu funktionieren. Oft habe ich den Anspruch, dass ein Werk in jeder Grösse und Situation gut aussieht und möglichst auf jedem Gerät läuft. Das passiert aber leider nie von selbst. Zufall spielt fast immer eine Rolle. Als Werkzeug um Unterschied zu schaffen, aber auch im Prozess. Wie sich ein Werk entwickelt, ist oft mindestens soviel Zufall wie Absicht. Es kommt schon auch vor, dass ich eine Idee umsetze und das Resultat dann nahe an der Inspiration ist, das ist aber eher die Ausnahme.

 

ic-7316a180-dec5-42e6-9daf-814427a43377 by Leander Herzog - https://objkt.com/asset/hicetnunc/17094


Wann hast du zum ersten Mal von NFT gehört und gelesen? Wie lange ging es von diesem Zeitpunkt, bis du dein erstes Werk auf einer NFT-Plattform verkauft hast? 

Im Januar 2021. Ich war erstmal sehr kritisch und habe das nur so am Rand verfolgt. Der Diskurs zur Nachhaltigkeit und zum Potential dieser Technologien wurde dann immer lauter, bis ich mich entschied, das doch auch mal auszuprobieren. Einerseits weil es umweltverträgliche Alternativen gab, die auch viele Künstler aus meinem Umfeld anzogen. Andererseits weil sich doch abzeichnete, dass das Potential sehr gross ist und eine Position schwer zu entwickeln ist, wenn man nur aus der Distanz zuschaut. Die ersten Werke die ich auf HicEtNunc gemintet habe, waren dann quasi sofort auch verkauft. Vor 2021 hatte ich kaum Kontakt mit Kryptowährungen, NFTs oder Blockchain in einem kulturellen Kontext. Das war also alles total neu und es hat einen Moment gebraucht das zu verstehen. Wird es wohl auch weiterhin.

 

Die NFT-Plattform Hic et nunc erlaubt wie fast kein anderer Marktplatz den Upload von svg oder html-Dateien? Was ist, wenn es Hic et Nunc nicht gäbe? Und inwiefern hat NFT dein Schaffen beeinflusst? 

HEN gibts ja mittlerweile nicht mehr in der ursprünglichen Version. Was genau das mittelfristig heisst wird sich jetzt noch zeigen. NFTs als Technologie und Kultur verändern nicht alles, aber es gibt einen starken Einfluss auf die meisten Künstler und Werke. Mir geht das auch so. Technologie gibt Möglichkeiten und Anforderungen vor. Kultur (Künstler, Sammler, Social Media, etc) schafft auch neu Erwartungen und Ansprüche. Dass Produktion, Vermarktung und Verbreitung quasi im Gestaltungsprozess integriert und so schnell sind, ist sicher ein neuer, transformativer Einfluss. Die meisten Marktplätze erlauben nach wie vor keine interaktiven Arbeiten, was ja mein bevorzugtes Medium ist. Aber seit vorgestern kann man auf objkt.com html uploaden. Und seit ein paar Wochen ist fxhash.xyz sehr beliebt, was nochmal mehr Optionen schafft. Wir sagen nach wie vor, dass wir jpgs verkaufen, aber damit ist immer viel mehr gemeint. Wenn es wirklich nur jpgs wären, würde ich sicher weniger an Interaktion und Animation denken. Das ist zum Glück aber nicht so, ganz im Gegenteil.

 

9925eba93fd559ba999d by Leander Herzog - https://objkt.com/asset/hicetnunc/5714

Du hast auch verschiedene Objekte in deiner Sammlung? Auf was achtest du, wenn du NFT-Kunstwerke kaufst? 

Ich sammle Arbeiten die mich sofort und direkt ansprechen. Meistens kaufe ich die dann auch sofort, diese Interaktion ist relativ impulsiv. Das ist schön, bringt aber auch Risiken. Ich achte darauf, dass die Künstler und Arbeiten authentisch sind, also dass ich keine Arbeiten kaufe die geklaut sind, oder von einem Account stammen der gar keinem Künstler gehört. In einem Markt ohne Zwischenhändler und Kuratoren muss man da vorsichtiger sein als in traditionellen Märkten, die meistens schon validiert und gefiltert sind. Und ich achte natürlich auch auf die formale und technische Qualität, sowie aufs Potential als Investition. Der aktuelle oder zukünftige Wert ist nicht die primäre Motivation, aber es spielt natürlich schon auch eine Rolle. Ein Teil meiner Sammlung ist direkt mit anderen Künstlern oder Sammlern getauscht. Meistens finden Transaktionen auf einem Markplatz statt, aber der direkte Tausch ist auch eine Möglichkeit. Dabei entsteht ein Austausch der mindestens so interessant ist wie die jpegs.

 

Gibt es in der Schweiz eine “NFT-Kunstszene”? Wie funktioniert der Austausch und die Vernetzung? Was sind dein Erfahrungen? 

Aktuell finden die meisten Kontakte via Twitter statt. Die Schweiz ist wie immer klein und langsam, aber es gibt immer mehr Kontakte. Daraus kann sich mittelfristig sicher etwas entwickeln das man vielleicht Szene nennen könnte. Es werden sich Leute um dieses Thema finden — aber "NFT-Kunst" ist eigentlich kein Konzept. Es gibt ja auch nicht wirklich eine "Leinwand-Szene", sowas wie "Galerie-Kunst" oder eine "Neocolor-Gang". Von wo genau etwas kommt, spielt in meiner Timeline kaum eine Rolle.

 

Welche Tipps hast du für Kunstschaffende, die sich auf NFT-Kunstplattformen präsentieren möchten? 

Ausprobieren und schauen was passiert, Geduld haben. Sich mit möglichst vielen Leuten austauschen, aber nicht alles glauben. Man sollte sich nicht vom ersten Eindruck irritieren lassen und sich Zeit nehmen, um diese Situation zu verstehen. Es gibt technische, kulturelle und soziale Aspekte, die man alle zumindest ansatzweise kennen sollte. Unbedingt ein Hardware-Wallet nutzen.


094a980daaa62ac5d315 by Leander Herzog https://objkt.com/asset/hicetnunc/5430

Leander Herzog, geboren in Zürich, lebt in der Ostschweiz. In Basel hat er ein Studium der Visuellen Kommunikation angefangen und mit einem Bachelor in Postindustrial Design an der FHNW abgeschlossen. Er gestaltet und entwickelt seit 2005 Webseiten. War lange selbständig, aber auch angestellt bei verschiedenen Agenturen. Seine letzten Titel waren Creative Developer und Interaction Developer. Die hat er erstmal an den Nagel gehängt, um mehr digitale und generative Kunst zu machen. Das war schon immer seine Leidenschaft - bisher aber mehr oder weniger brotlos. 2021 hat da neue Perspektiven und Märkte geschaffen, die sich sehr dynamisch entwickeln. Im Moment versucht er mit NFTs sein Schaffen neu zu positionieren. Mit Erfolg, auf Hic et Nunc gehört Leander Herzog zu den Top Artists.