Wer sich mit Künstlicher Intelligenz und Kunst beschäftigt, kommt an Mario Klingemann nicht vorbei. Wieso er sich Quasimondo nennt und was dies mit einem Bon-Bon zu tun hat, verrät er in diesem Interview.
Mario Klingemann aka Quasimondo ist ein Künstler und ein Skeptiker mit einem neugierigen Geist. So stellt er sich auf seiner Website vor. In den 90-er Jahren gestaltete er noch Flyers für Technoklubs, mittlerweile sind seine bevorzugten Werkzeuge neuronale Netze, Code und Algorithmen. Gegenüber NFTs und deren Marketplaces war er lange skeptisch. Mit der Plattform hic et nunc hat sich dies letztes Jahr geändert. Regelmässig und oft überrascht Quasimondo mit neuen Werken und Projekten.
Lieber Mario, wieso der Name Quasimondo?
Den Namen Quasimondo habe ich Anfang der 2000er Jahre adoptiert. Das war die Zeit in der ich immer, wenn mir ein interessantes Wort oder ein Projekt eingefallen ist, geschaut habe, ob die .com Domain noch zu haben war. Quasimondo gefiel mir, weil es damals nur 10 Suchergebnisse bei Google dazu gab, die meisten davon Tippfehler von "Quasimodo" und weil ich den Buchstaben "Q" schon immer als den interessantesten und seltensten im Alphabet fand (10 Punkte bei Scrabble). Ich sage immer, das sich Quasimondo so rund und geschmeidig wie ein Bon-Bon im Mund anfühlt.
Als dann etwas später die Blogging-Welle losging, hatte ich dann diese Domain hergenommen um über meine Experimente zu schreiben. Dann kam Twitter und nachdem mein Blog in der Zwischenzeit recht beliebt geworden war, hatte ich dann Quasimondo auch als mein handle verwendet. Die praktische Überlegung war dann natürlich auch, dass dieser Name normalerweise immer zu haben ist, wenn ein weiteres soziales Netzwerk seine Türen öffnet.
Mit der NFT-Plattform hic et nunc tauchte im Frühling 2021 ein neuer Player auf dem NFT-Markt auf und überraschte mit tiefen Transaktionenkosten. Quasimondo war von Anfang an dabei und hat sich für die Weiterentwicklung der Plattform hic et nunc stark engagiert. Er hat Einträge auf github verfasst oder die Website here-or-there.glitch.me erschaffen, auf welcher alle bisher “geminteten” Objekte zu einer Art Weltkugel formiert wurden. Er veröffentliche aber nicht nur neue Werke, sondern auch ältere, wie zum Beispiel der Voronoi Loop #02, welcher 2012 erstmals auf dem Blogdienst Tumblr zu sehen war.
Einige digitale Fotos von “Memories of Passerby I” wurden auf der NFT-Plattform hic et nunc verkauft. “Memories of Passersby I” ist ein Werk von Mario Klingemann, welches dank Künstlerischer Intelligenz auf zwei Bildschirmen spontan Gesichter imaginärer Männer und Frauen erstellt. Das Werk wurde 2018 bei Sotheby’s versteigert.
Wer sich für Künstliche Intelligenz und Kunst interessiert, stolpert eher früher als später über deinen Namen und dein Werk “Memories of Passersby I”. Siehst du dieses Werk auch als Meilenstein in dieser Kunstsparte (Artificial Intelligence-Art) an? Oder über welche andere AI-Kunstwerke denkst du, wird noch in 50 Jahren gesprochen?
Als Künstler hofft man natürlich immer, dass ein paar seiner Werke n der Kunstgeschichte Spuren hinterlassen. Zumindest wenn ich mich umsehe um zu schauen, was an anderen AI-Werken in derselben Zeit geschaffen wurde, entdecke ich da nicht sehr viel Vergleichbares. Das mag natürlich an meiner Filter-Bubble liegen, aber wie du schon sagtest: man kann es kaum vermeiden darüber zu stolpern, wenn man sich mit der AI-Kunstgeschichte befasst.
Die Frage über was man in 50 Jahren noch sprechen wird, ist natürlich sehr davon abhängig, an was man sich heute noch erinnert. Es gibt natürlich immer Mal wieder "Entdeckungen", wo zu Lebzeiten völlig unbekannte Kunstschaffende oder Kunstwerke Jahrzehnte später in einem Archiv wiedergefunden werden.
Botto ist ein weiteres Projekt von Quasimondo, welches dank Künstlerischer Intelligenz Objekte erschafft. Die Community meldet Botto ihre favorisierten Werke. Mit dem generativen Algorithmus wird so ein Bild erstellt, welches im Anschluss auf der NFT-Plattform SuperRare zur Versteigerung kommt. Botto soll insgesamt während 52 Wochen 52 Kunstwerke erzeugen, welche zum Verkauf angeboten werden.
Botto soll aber nicht nur online in Erscheinung treten. Im Februar 2022 gibt es eine Ausstellung in Los Angeles, wenig später ist die Präsentation der Botto-Bilder in der Colección SOLO in Madrid geplant.
Mario Klingemann meint zum Projekt Botto: „Meine Utopie ist es, mit Botto so etwas wie ein universelles Grundeinkommen für alle zu schaffen, die an dieses Konzept glauben und in der Lage sind, einen kleineren oder größeren Anteil daran in Form von $BOTTO zu erwerben. Denn sobald man Anteile an Botto hat, macht die KI ja den Rest der Arbeit und ist, was die Unterhaltskosten betrifft, eher genügsam, so dass der Großteil der Einnahmen durch die Kunstverkäufe indirekt an seine Anteilhaber geht. Die Produktionsmittel sind also in diesem Fall nicht in den Händen weniger, sondern jeder kann daran teilhaben – muss dafür aber nicht mehr selber arbeiten.“
Publikumsmagnet an der Art Basel Miami Beach war ein weiteres Projekt von Quasimondo: 0xC0FACE COLLECTION. Im Dezember 2021 konnten Besucher:innen ein Porträt in Echtzeit generieren lassen. Das Porträt wurde gemeinsam von einem menschlichen und einem maschinelle Algorithmus erstellt, entworfen von Mario Klingemann. Durch die Interaktionen der Personen entstanden für die 0xC0FACE COLLECTION fast 5’000 einzigartige NFTs. In diesem Interview verrät Quasimondo mehr über den generativen Algorithmus.
Die Frage, ob Kunstmaschinen in naher Zukunft in der Lage sein werden, „interessantere Werke“ als Menschen zu kreieren, wird Quasimondo sicher weiterbeschäftigen.
Wer in Sachen Quasimondo auf dem neusten Stand sein will, folgt Mario Klingemann am besten auf Twitter.